Selbstverteidigungskurs für Frauen bei der JGS in der TSG-Bergedorf

17Aufbauend auf den Schnupperkurs, welcher im Rahmen der Aktion „Gewalt gegen Frauen nicht bei uns …“ des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) Ende 2009 stattgefunden hat wurde vom 20.2.-13.3.2010 bei der JGS in der TSG-Bergedorf wieder ein Selbstverteidigungskurs für Frauen durchgeführt. Kursleiter Heiko Koenig aus der Ju-Jutsu Abteilung versuchte 11 Frauen die Bereiche Gewaltprävention, Selbstbehauptung, Techniken zur Selbstverteidigung, rechtliche Belange, sowie Waffen näherzubringen.

Am Anfang wurden grundsätzlichen Fragen geklärt, z.B. warum es überhaupt derartige Kurse für Frauen in unserer Gesellschaft geben muss, wo es statistisch gesehen die meisten Übergriffe gibt, wie diese Aussehen und wie es rechtlich aussieht, wenn man sich wehrt.

Danach konnten die Teilnehmerinnen mit Hilfe von Spielen ausprobieren, dass in vielen Situationen nicht Kraft, sondern geschicktes Verhalten zum Erfolg führt – Kraft manchmal sogar hinderlich ist! Mit dieser Erfahrung im Hinterkopf wurden nun die Waffen des eigenen Körpers, sowie deren Ziele beim vermeintlichen Gegner erklärt und – mit zum Teil durchschlagen Erfolg – an Pratzen und Sandsäcken ausprobiert!

Das Thema Gewaltprävention beinhaltet auch den Bereich „Angst“. Dieser natürliche Mechanismus zum Erkennen von gefährlichen Situationen wird heutzutage vielfach mit Feigheit in Verbindung gebracht – und daher oft missachtet! Den Teilnehmerinnen wurde erklärt, was es mit den Distanzzonen in Verbindung mit Angst auf sich hat, wie man sie nutzen kann und wie man Angst beherrscht, sie dabei aber nicht unterdrückt!

Der Übergang Prävention zu Selbstbehauptung ist fließend. So kann ein selbstsicheres Auftreten als präventiv oder als selbstbehauptend aufgefasst werden. Da i.A. Männer weniger Probleme haben, sich selbstbewußt zu präsentieren wurde versucht über Spiele, die die Begriffe „typisch Mann“ und „typisch Frau“ als Inhalt haben, herauszuarbeiten welche Gestiken Schwäche und welche Stärke symbolisieren, um diese im Ernstfall dazu zu nutzen keine Opferrolle einzunehmen.

Ergänzt wurde dies durch „Stimmübungen“ d.h. den Einsatz der Stimme, um den anderen zu Schocken z.B. durch lautes Anschreien.

Im praktischen Teil wurden insbesondere „Umklammerungen“ besprochen. Hierzu gehört der Griff zur Brust genauso, wie das ungewollte in den Arm nehmen. Da diese Übergriffe häufig sind, aber evtl. noch keine massive Gegenwehr, wie z.B. Schläge gegen den Kehlkopf oder Augenstiche rechtfertigen, wurden hierfür „sanftere“ Techniken erklärt, welche aber dennoch den Angreifer von weiteren Übergriffen abhalten werden.

Mit Spannung wurde der letzte Tag erwartet, denn da sollte „der schwarze Mann“ kommen – nüchtern betrachtet ein masochistisch veranlagter Kursleiter, welcher sich in einem Schutzanzug von jeder Teilnehmerin verprügeln lässt!

Doch bis es soweit war, standen noch zwei Themen auf dem Programm: Waffen und Bodentechniken! Beim Thema Waffen wurden die klassischen Abwehrwaffen, wie Pfefferspray & Co. besprochen im Hinblick Wirksamkeit und auf den wichtige Aspekt der Verfügbarkeit: Denn jede Waffe ist für eine Frau nutzlos, wenn sie sie erst aus den Tiefen ihrer Handtasche ans Tageslicht befördern muss! Daher wurde diskutiert, welche Alltagsgegenstände jede Teilnehmerin griffbereit mit sich führt und wie dieser als Waffe genutzt werden kann. So kann dann auch der einfache Autoschlüssel zum Schlagringersatz werden oder die Tageszeitung zur tödlichen Waffe!

Das heikle Thema „Bodentechniken“ erfordert vom Kursleiter immer etwas Fingerspitzengefühl, zumal es u.U. Teilnehmerinnen gibt, welche schon Gewalterfahrungen in dieser Lage hatten! Den Teilnehmerinnen wurde dabei schnell klar, dass man auf jeden Fall versuchen sollte vorher die Situation zu klären und nicht erst anfängt sich zu wehren, wenn man schon am Boden liegt: Dort sind die Verteidigungsmöglichkeiten doch sehr eingeschränkt und nur massive Techniken zu noch erreichbaren empfindlichen Bereichen beim Angreifer haben Aussicht auf Erfolg!

Dieses wurde noch deutlicher, nachdem der Kursleiter seinen Schutzanzug angezogen hatte und nun die Teilnehmerinnen Angriff. Am Anfang nur mit Griffen an das Handgelenk, zum Schluss mit Anspringen, umwerfen und festlegen am Boden. – Für mich als Kursleiter ist dabei immer wieder spannend, wie von den zarten Schlagversuchen in der ersten Stunde, innerhalb von wenigen Wochen derart ernstzunehmende Gegnerinnen werden können – Hut ab, derartige Steigerungen gibt es nur bei Frauen!

Was bringt nun ein solcher Kurs? Es dürfte jedem klar sein, dass dort keine Frau zu Lara Croft 2 ausgebildet wird! Doch jede der teilnehmenden Frauen hat gemerkt, dass sie sich wehren kann – und das sogar derart heftig, dass bei einem Gegner bleibende Schäden entstehen können!

Mit dieser Erkenntnis werden sie – ganz unbewusst – etwas selbstsicherer auftreten, weniger eine Opferhaltung einnehmen und damit für potentielle Angreifer uninteressanten werden!

Heiko Koenig

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